Bis vor Kurzem warben viele Banken für Baufinanzierungen ohne Eigenkapital. Seit der Befürchtung, die EZB könne nach vielen Jahren erstmals wieder die Leitzinsen anheben, drehte sich der Zinsmarkt rasch in eine andere Richtung. Die Aussicht auf steigende Zinsen wurde in den Kreditkonditionen bereits eingepreist. Auch die Ankündigung der Zentralbank, das bisherige Anleihenkaufprogramm auslaufen zu lassen und die Leitzinsen um 25 Basispunkte anzuheben, verteuern Baukredite weiter. Wie können sich Kaufinteressenten ihren Immobilienwunsch trotzdem erfüllen?

Immobilienpreisentwicklung

Das wohl leidigste Thema für alle Immobilien-Kaufinteressenten war in den letzten Jahren die Kaufpreisentwicklung. Besonders in den Ballungsgebieten stiegen die Preise rasant.
Ein starkes Argument zum Schutz vor ansteigenden Mietpreisen in Deutschland ist daher der Kauf einer eigenen Immobilie. Es bedeutet unabhängig vom Vermieter und von den zukünftigen Mietpreisentwicklungen zu sein. Von weiteren Preissteigerungen der Immobilien profitiert der Eigenheimbesitzer. In Folge der Immobilienpreiserhöhungen sind auch die Mietpreise stark gestiegen. Das gilt vor allem für beliebte Großstädte und deren Einzugsgebiete.

Finanzierungspreise / Zinsentwicklung

Im Gegensatz zu den Immobilienpreisen haben sich die Finanzierungskosten lange Zeit auf einem moderaten Niveau bewegt. Mehrkosten beim Immobilienkauf durch höhere Kaufpreise wurden durch niedrige Kreditzinsen bei der Bank zumindest zum Teil ausgeglichen. Vielen Menschen in Deutschland war es also nach wie vor möglich die eigene Immobilie zu kaufen. Nicht nur die Kosten im Baugewerbe und die Handwerkerpreise schnellen seit Ausbruch des Ukrainekriegs in die Höhe, sondern auch die Darlehenszinsen. Eine Faustformel besagt, dass Finanzierungen, welche Anfang 2022 noch für ca. 1,0% Zinsen über die Theke gingen, bereits Anfang Juni schon etwa 3,0% kosteten. Die Zinszahlungen in der monatlichen Rate haben sich ungefähr verdreifacht. Angesichts der weiterhin hohen Immobilienpreise sorgen sich viele Kaufinteressenten, ob sie sich die Wunschimmobilie noch leisten können.

Mietkauf als Alternative?

Beim Mietkauf zahlt der Käufer dem Verkäufer den Kaufpreis in Raten. Der Käufer bekommt vom Verkäufer die Möglichkeit eine Immobilie zu erwerben, ohne mit Banken in Verhandlung treten zu müssen. Die gängigen Laufzeiten eines Mietkaufvertrages sind zehn oder zwanzig Jahre. Üblicherweise bewohnt der Mietkäufer die zu erwerbende Immobilie für einige Jahre, bevor er zur Miete auch noch eine monatliche Kaufpreisrate zahlen muss. Am Ende der Laufzeit werden alle geleisteten Kaufpreisraten zusammengezählt und auf den ursprünglich festgelegten Kaufpreis angerechnet. Die gegebenenfalls noch ausstehende Restschuld muss noch geleistet werden, bevor der neue Immobilienbesitzer sich auch Eigentümer der Immobilie nennen darf.
Vor- und Nachteile beim Mietkauf
Da der Mietkäufer erst zum Ende der Vertragslaufzeit eine größere Summe als Einmalbetrag zu leisten hat, macht der Mietkauf einen Immobilienerwerb in der Regel auch ohne Eigenkapitaleinsatz möglich. Allerdings gelten auch hier für den möglichen Käufer einige Voraussetzungen. Die Bonität des Käufers muss gut sein und er muss ein geregeltes Haushaltseinkommen aufweisen. Monatliche Belastungen, die Mietzahlungen des Mietkaufs und die Lebenshaltungskosten müssen abgedeckt werden. Reparaturkosten sowie die Belastungen für die spätere Restzahlung am Laufzeitende können den Mietkäufer schnell an die Grenzen des Möglichen bringen. Interessant kann der Mietkauf für ein „Probewohnen“ sein. Möchte der Mietende erst herausfinden, ob er sich ein Leben in dieser Immobilie vorstellen kann, scheint der Mietkauf ein probates Mittel zu sein. In der Regel ist der Mietkauf im Vergleich zur Bankbaufinanzierung teurer. Verbraucherexperten raten nur dazu, wenn der Tilgungsanteil der gezahlten Nettokaltmiete sehr hoch ist und die Restschuld rasch zurückgeführt wird. Der Markt für Mietkauf ist sehr klein, und es ist schwierig ein passendes Angebot zu finden. Oftmals versuchen Anbieter auf diesem Wege Interessenten zum Kauf zu überreden, obwohl sich das Objekt in einer weniger attraktiven Lage oder in einem schlechten Zustand befindet.

Die klassische Baufinanzierung ohne Eigenkapital

Kaufpreisfinanzierung oder Vollfinanzierung? Auf den ersten Blick sind sich diese beiden Begriffe sehr ähnlich. Mit einer „Kaufpreisfinanzierung“ ist gemeint, dass die Bank dem Kunden einen Kredit zur Verfügung stellt, der den gesamten Kaufpreis der Immobilie abdeckt. Dies wird oftmals auch als 100%-Finanzierung bezeichnet. Sämtliche Kaufnebenkosten wie z.B. die Grunderwerbssteuer, Notarkosten oder Maklergebühren werden vom Käufer mit Eigenkapital finanziert. Je nachdem, ob man mit oder ohne Makler kauft, liegen die Kaufnebenkosten in der Regel etwas unter oder etwas über 10 Prozent des Kaufpreises.
Bei der „Vollfinanzierung“ finanziert die Bank nicht nur den Kaufpreis selbst, sondern auch die anfallenden Nebenkosten. Sie wird daher auch 110%-Finanzierung genannt. Der Kunde muss kein Eigenkapital einbringen.
Während der bisherigen Niedrigzinsphase waren sowohl die Kaufpreis- als auch die Vollfinanzierung für die meisten Banken kein Hindernis. Das Ausfallrisiko für die Bank war gering, weshalb sich Kreditgeber dazu verleiten ließen, auch knappe Finanzierungen zu genehmigen. Nachdem sich seit Beginn des Jahres die durchschnittlichen Darlehenszinsen ungefähr verdreifacht haben, kommt es in vielen Banken zum Umdenken bei Kaufpreis- und Vollfinanzierungen.
110%-Finanzierungen gehen in den meisten Banken nur noch bei ausgezeichneten Bonitäten mit sehr hohem monatlichen Haushaltsüberschuss in die Genehmigungsphase. Kaufpreisfinanzierungen werden nach derzeitigem Stand noch von vielen Kreditinstituten angeboten. Bei hohen Immobilienpreisen ist das Aufbringen von zehn Prozent Eigenkapital für viele Interessenten ein großes Hindernis. In den Metropolen und vielen weiteren Regionen haben sich die Immobilienpreise in den vergangenen 12 Jahren mehr als verdoppelt. Entsprechend höher ist das benötigte Eigenkapital für einen Immobilienkauf.

Warum sind beide Varianten vergleichsweise teuer? Die hohe Verzinsung der Darlehen bei der Kaufpreis- bzw. Vollfinanzierung liegen an den erhöhten Risiken für die Bank. Den Wert deiner Immobilie legt die Bank als Beleihungswert fest und bestimmt dadurch die Höhe der möglichen Sicherheit. Je höher der Anteil der werthaltigen Grundschuld ist, desto niedriger ist das Risiko für die Bank und infolgedessen können auch niedrigere Kreditzinsen angeboten werden. Mit einer werthaltigen Grundschuld ist dabei der mögliche Erlös bei einer Verwertung der beliehenen Immobilie zur Deckung der ausgegebenen Kredite gemeint, falls diese nicht wie geplant zurückgezahlt werden.
Jeder Interessent sollte sich genau überlegen, ob er bereit ist die höheren Finanzierungskosten zu tragen oder ob er sich lieber auf das Einbringen von Eigenkapital konzentriert. Dann legt er regelmäßig Geld zur Seite, damit das nächste Projekt mit einer gut strukturierten Finanzierung angegangen werden kann. Wer nicht warten kann, bis er das fehlende Geld für die Kaufnebenkosten ganz oder teilweise aufbringen kann, benötigt in der Regel spezielle Kredite, die auf dieses Vorhaben abgestimmt sind. 110%-Finanzierungen sind heute noch möglich. Fragen Sie bei uns nach.